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Heidrun Waadt
In der rosa Barbieloft treffen sich zwei Cyborgs .
Eine kindlich lächelnde Blondine von zeitlosen
16 mit den Formen einer üppigen 20jährigen
in enganliegender schwarzer Lederoptik und Robocop,
die menschliche Kampfmaschine, 95% Roboter und gut versteckt
das Gesicht eines glatten, feinfühligen Mannes.
"sexy and trendy guys here; What?" fragt das
BlondComicClicheGirl in der gleichnamigen Videoarbeit
- eine unmögliche Lovestory bahnt sich an in einer
Maschinenwelt, die gut ohne menschliche Protagonisten
auskommt. Ist das beängstigend? Ja und nein, denn
Wirklichkeit ist diese Welt nicht, und wenn sie es wäre,
könnte man sie nach menschlichen Kriterien kaum
beurteilen, aber sie zeigt etwas anderes, die Wunschvorstellungen
der menschlichen User und Userinnen, ihre Phantasien
und Träume, die erst die Cyborgs erschaffen haben.
Die Geister, die ich rief, treten häufig auf als
pseudokontrollierbar, sie verselbständigen sich
und werden ihren menschlichen Schöpfern gefährlich.
Das sind sie aber nicht wirklich, denn alles ist nur
Schein, den Figuren sind enge Grenzen gesetzt, ihre
Bewegungs- und Äußerungsmöglichkeiten
sind festgelegt, ein Interesse an Selbständigkeit
ist nicht im System angelegt und spiegelt nur einen
Mythos der Menschheit vom Erwachsenwerden mit Hilfe
der Autonomie, wer weiss schon, ob sich Maschinen dafür
interessieren. Der Traum von der Autonomie, geträumt
in der Kunst, ist eine Grundfeste der Moderne. Spätestens
seit Kant strebt gerade der Künstler nach ihr,
sie muss sein oberstes Ziel sein, will er den Gipfel
der Kunst besteigen. Und wie steht es in den Arbeiten
von Heidrun Waadt damit?: Niemand ist in unserer Welt
autonom, alles scheint dem Diktat der Warenwelt unterworfen,
die Rollen sind verfestigt, Emanzipation findet nur
in einer härteren Sexualisierung von Weiblichkeit
aus der Werkstatt der neuen Männerphantasien statt.
Rollenklischees - damit beschäftigen sich auch
die weiteren Foto- und Videoarbeiten. In "Green
Girl" wird über die Perückenfarbe die
Identität festgelegt. Aber das "Green Girl"
liefert nicht die für Fotomagazine und Laufsteg
nötige Plastikoptik der völligen Unberührtheit
von Alter und "Umwelteinflüssen" aller
Art, sie ist ein wenig trashig, ein wenig zu echt, auch
wenn sich der Fotograf nach allen Regeln der Professionalität
bemüht hat. Das Rollenklischee wird, erst als es
nicht ganz erfüllt wird, gut sichtbar. Aber nicht
nur das Benennen von Klischees kennzeichnet Heidrun
Waadts Arbeiten, sie werden auch angewandt, werden in
erzählten (in den Videos) und assoziierten (in
den Fotoarbeiten) Abläufen eingebunden. BlondComicClicheGirl
erzählt eine Folge aus einer Serie, es ist nur
eine Sequenz aus einem Ganzen herausgenommen, ein Ganzes,
das aber seinerseits nur aus eine Anhäufung gleichwertiger
Oberflächen besteht. Eine schrill bunte Erzählung
wird ausgelöst, die sich in ihrer Interaktivität
direkt an den Betrachter wendet und ihn in seine eigenen
Phantasien verwickelt, bedient er den Joystick, der
ihm auf einem rosa Podest angeboten wird. Der Betrachteruser
wird Teil der Geschichte, der Teil, der er immer schon
gewesen ist, waren es doch seine Vorstellungen, die
die "Zutaten": Personen, Requisiten, Räume
und Situationen erst hervorgebracht haben. Jetzt fallen
sie auf ihn zurück, witzig, frech, subversiv und
ein wenig verboten.
Cornelia Osswald Hoffmann
Links zu weiteren Seiten im Netz:
http://www.openart.de
http://www.subib.de/ohneSite/ausstellung/projekte.html
Stills aus der Animation:

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